FSV2000
Mittwoch - August - 07.08.2019 - 13:20 Uhr
mein Erlebnisbericht zur diesjaehrigen Praezisionsflug WM
Walter Dworschak, einer der Piloten aus Stockerau, welche auch auf Weltmeisterschaften fliegen, hat uns wieder einmal einen Bericht zukommen lassen ......
Ich fliege nun schon seit 2004 bei Präzisionsflugmeisterschaften in Österreich und bin begeistert von dieser tollen Motorflugsportart. Als ich das begonnen habe, hab ich mir nicht vorstellen können, wie herausfordernd es sein kann, nur mit Karte und Kompass zu navigieren, zu versuchen sekundengenau über Punkte zu sein und dabei noch Bodenzeichen und Bilder in der Landschaft zu finden. Mindestens genauso herausfordernd ist es aber auch, beim Landebewerb zu versuchen auf einer 2m breiten Linie aufzusetzen, sowohl als Normallandung, als auch „ohne Motor und Klappen“ oder „mit Hindernis“. Wenn man solche „simulierten Notlandungen“ durch diese Bewerbe trainiert, ist das zweifelsohne ein Sicherheitsgewinn. Ebenfalls ein Pluspunkt: man lernt Plätze und Gegenden, sowie Fliegerkollegen rund um den Globus kennen. Seit 2006 fliege ich auch bei Internationalen Bewerben mit, die Weltmeisterschaft findet normalerweise alle 2 Jahre in wechselnden Ländern statt. Die WM besteht in der Regel aus einer Trainingswoche davor (oder Tage, das ist jedem selbst überlassen…) und dann „opening ceremony“, 3 Navigationsstrecken, Landebewerb, „closing ceremony“.
Heuer war es wieder einmal so weit, die WM sollte Anfang Juni in Castellon/Spanien stattfinden. http://www.wpfc2019castellon.com/ Auf dieser Website (auf der leider einige Angaben falsch oder unvollständig sind), gibt es auch ein gutes Video das „Präzi-Flug“ erklärt. Nachdem die anderen Piloten der „Nationalmannschaft“ aus diversen Gründen nicht teilnehmen konnten, war ich der einzige noch verbleibende. Außer mir wurde noch ein österreichischer „Judge“ nach Spanien entsandt, der so wie ich, seine Frau als „Supporter“ mitgenommen hat.
Da der Flug mit einer C152 sehr lange und teuer geworden wäre und wir zu dritt (mit Baby) ohnehin keinen Platz gehabt hätten, planten wir die Anreise mit dem Auto und genügend vielen Zwischenstopps. (Die „Judges“ Edmund und Lilly haben einen Linienflug genommen)
Als Training für mich wäre die Teilnahme an den österr. Einsteigerbewerben und bei 2-3 tschechischen Bewerben geplant gewesen, was sich aber durch terminbedingten und wetterbedingten Absagen auf nur 1x Teilnahme bei einer CZ - Meisterschaft in LKJA reduziert hat.
Leider war die Organisation der WM sehr mangelhaft. Schon im Vorfeld der WM gab es Probleme dort ein Flugzeug zu bekommen (normalerweise organisiert das der Veranstalter) das sich ein slowenischen Freund mit mir „teilen“ wollte. Angesichts dieser und anderer Probleme hatte der Slowene aber seine Teilnahme an der WM dann abgesagt ....und ich stand ebenfalls fast davor. Glücklicherweise hat ein norwegischer Freund, der ebenfalls ein Flugzeug vor Ort ausborgen wollte und keines bekommt, mir angeboten sein Flugzeug mit ihm zu teilen. Er hat dann ca 20 Stunden (!) Flugzeit von Norwegen nach Spanien gehabt…. ;-)
Die Anreise war dann so wie geplant: Am Mi, 29.5. zuerst über Tirol nach Como, wo ich am Do meine Wasserflugberechtigung verlängert habe. Die Gegend um den Como See ist einfach ein Traum, zumindest vom Wasserflugzeug aus!
Danach über Turin und Monaco nach Cannes, wo wir eine „längere Pause“ von 3 Nächten einlegten. Der Cote Azur entlang nach Spanien wo wir am Di in der Trainingswoche angekommen sind.....
Das Hotel soweit ok, vor allem die Lage mit Blick auf den Flugplatz und Strand! Nur für Vegetarier NICHT zu empfehlen! In jedem Gericht ist Fleisch, Wurst oder Speck, sogar in den Salaten! Dazu kommt, für uns ungewohnt und „spanisch“, dass es Mittagessen erst um 13:30-15:00 und Abendessen erst ab 20:00 (WE ab 20:30!) gibt. ...Da sollten die Kinder normalerweise schon ins Bett!
Einige „alte Bekannte“ und Fliegerfreunde sind schon da, der Rest trudelt die nächsten Tage noch ein. Überraschend viele kommen mit Familie und Kinder, was die soziale Note dieser ohnehin guten Gemeinschaft noch verstärkt. Leider bekommen einige kein Zimmer obwohl sie eine Reservierung haben und die Organisatoren selbst kommen überhaupt erst am Donnerstag (obwohl die ganze Woche Trainingswoche ist). Erst am Do Abend war dann die erste Trainingsroute fertig!
„Mein“ norwegisches Flugzeug sollte eigentlich am Mittwoch ankommen. Am Mi Abend meldet sich der Pilot per Tel und sagt, dass er wegen dem starken Gegenwind (…sogar die Autos unter ihm haben ihn fast alle überholt… ) erst am Do kommt und die Nacht in Frankreich verbringen muss.
Die Lage von Flugplatz/Hotel/Strand wäre in Castellon eigentlich Ideal (alles innerhalb 5 Min zu Fuß), aber durch die schlechte Organisation und/oder spanische Mentalität und dem allgemeinen schlechten Zustand (vor allem der Piste) ist der Flugplatz nicht „WM-gerecht“.
Das Training vor Ort gestaltet sich schwierig – die ortsansässige Fallschirmspringermaschine dürfte alle Rechte besitzen und wenn sie absetzt, müssen alle anderen Flugzeuge abgestellt werden oder ins holding über dem Meer. Es kommt zu teils gefährlichen Situationen, da diese auch gegen die Landerichtung startet. Die Tankstelle ist wegen Siesta am Nachmittag stundenlang gesperrt und die Tankwartinnen sind so langsam und umständlich, dass „tanken“ schon mal eine Stunde dauern kann! Aber bei einem Spritpreis von € 3,40/l Avgas(!) hat ohnehin keiner so richtig Lust viel zu fliegen…..
Bedingt durch die lange Anreise der Norweger ist bei deren Flugzeugen eine Wartung fällig geworden, die sie am Sonntag eingeplant haben. Mit Hilfe eines „Team Technikers“ der Polen geht’s schnell und professionell. Nur der Ölfilter war ein falscher, der dann am Di (Mo Feiertag) besorgt wurde. Es ist schön zu sehen wie gut diese „Großfamilie Präzisionsflieger“ immer wieder funktioniert.
Mo, 03.06: „opening ceremony“ am Flugplatz. Außer den Teams sind noch ein paar sehr wenige Zuschauer da, meist nur Familienmitglieder. Anscheinend wurde die Öffentlichkeit nicht informiert, dass es hier eine WM gibt. Danach geht es mit einem Bummelzug ins Hafenrestaurant, wo das sehr feine und gute Dinner stattfindet.
Di: „official landing practice“ mit 2 verschiedenen Landungen. Das dient vor allem dazu, um zu sehen wie der Ablauf funktioniert, denn am
Mi dann: „official landing test“. Normalerweise wird ein elektronisches Anzeigesystem verwendet, worauf die Spanier aus Kostengründen hier verzichteten. Stattdessen haben „judges“ versucht den Aufsetzpunkt zu sehen und jede Landung wurde mit Video aufgenommen. Das, was die „officials“ gesehen haben wich aber leider oft von dem ab was das Publikum (Piloten, Teammanager) gesehen hat, worauf es am Ende zu vielen Einsprüchen kam (und den meisten wurde tatsächlich statt gegeben). Meine Landungen waren „gefühlt“ ganz ok, nicht besonders gut oder schlecht. Ich habe nichts beeinsprucht (obwohl manche ein für mich positiveres Ergebnis gesehen hätten), habe auf die official judges vertraut und wurde 29.
Am Do, Fr, Sa: Je 1 Navigationsdurchgang. Durch die Einteilung in 4 Gruppen ist für die 1 Gruppe schon um 7 Uhr Briefing, um 7:15 beginnt der Erste mit dem Rechnen. Das heißt, …Frühstück im Hotel kann man vergessen…. und die letzte Landung ist nach 18 Uhr. Bei Rückkehr muss jeder in die Quarantäne und wird erst wieder „freigelassen“ wenn die letzte Gruppe beim Rechnen ist.
Tag/Route 1: In der Früh sind die Berge wolkenverhangen und teilweise gibt es Nebel. Trotzdem wird gestartet und einige Piloten mussten wetterbedingt von der Route abweichen bzw. umkehren. Nachdem es dann auch Probleme mit Bodenzeichen gab und um die vielen zu befürchteten Proteste abzuwehren, wird am Ende des Tages diese Route aus der Wertung genommen.
Tag/Route 2: In der Früh wieder wolkenverhangene Berge. Diesmal wird entschieden erst später zu starten, was eine gute Entscheidung war.
Nach der letzten Landung „meines“ Flugzeugs, das wir inzwischen zu dritt teilen (1 Norweger, 1 Russe), ist der Flieger von vorne bis hinten ölverschmiert. Es stellt sich heraus, dass der Ölmessstab/Einfüllstutzen nicht optimal verschlossen war und dadurch fast das ganze Öl (es waren nur mehr ca 2 l übrig) herausgedrückt und im Motorraum, und durch den Fahrtwind auch an der Außenseite bis zum Leitwerk verteilt wurde. Somit war der Abend mit Flieger putzen verplant….
Tag/Route 3: Das Wetter ist allgemein besser. Dieser Tag verläuft problemlos, außer dass für mich in der letzten Gruppe der Wind überhaupt nicht gestimmt hat. Der hat so stark aufgefrischt, dass ich in den ersten 5 Min, trotzdem ich nur 60kt IAS geflogen bin, bereits 1 Min zu früh bei „secret points“ war, was mir viele Fehlerpunkte eingebracht hat.
Die Routen waren allgemein nicht sehr einfach, weil teilweise im hohen, schroffen Gebirge (über 5000ft) wo man auch kaum Anhaltspunkte zum navigieren hat. Dazu kommt, besonders in diesen Höhen und über felsigen und von Schluchten durchzogenen Gelände, das „mulmige Gefühl“ wenn das Flugzeug bei Volllast immer zu vibrieren beginnt. Die Karten waren „überladen“ mit vielen Strichen und dadurch sehr unübersichtlich.
Am Ende verlief die WM aber, vor allem durch die Disziplin und Erfahrung aller Teilnehmer, geordnet und vor allem unfallfrei ab. Ich persönlich habe zwar nicht ganz erreicht was ich mir erwartet habe (37. i. d. Gesamtwertung, erwartet zw. 20-30), bin aber sicher um einige Erfahrung reicher!
Üblicherweise ist am letzten Nav-Tag, also wenn die „Arbeit der Piloten“ getan ist und der Stress loslässt, eine kleine Party, wo sich die Länder mit typischen „Schmankerl“ präsentieren. Meist sind diese aber „mit Alkohol versetzt“, was dann zusammen mit Musik oft „feuchtfröhlich“ und erst spät Nachts endet. Als „Österreicher“ haben wir Mozartkugeln, Manner Törtchen, Wein und naturtrüben Apfelsaft aus meiner Heimatgemeinde mitgenommen, was allgemein sehr gut angekommen ist.
Sonntag war dann „Strandtag“ – wobei das Meer noch relativ frisch war und die Lufttemperatur erst allmählich etwas „spanischer“ (25°C + ) wurde. Die „closing ceremony + prize giving“ war für 17 Uhr angesetzt, kurzfristig auf 18 Uhr verspätet und ebenso „unprofessionell“ und einfach wie die opening ceremony. Gewonnen hat, wie fast üblich, ein Pole. „Michal Wiezcorek“ der schon einmal Weltmeister in Südafrika wurde, stand gemeinsam mit 2 anderen Polen „am Stockerl“. Durch diverse Fördermaßnahmen, von denen man als Österreicher nur träumen kann, gelingt es Nationen wie Polen, Frankreich usw.. sich immer in den oberen Rängen zu platzieren.
Danach ging es wieder mit dem Bummelzug ins Hafenrestaurant zum Dinner, wo traditionsgemäß zwischen den Teilnehmern auch kleine Geschenke, Fotos und Kontakte ausgetauscht werden. Es herrscht Fröhlichkeit aber auch ein wenig Wehmut, da man ja Zeit mit Freunden wie in einer Großfamilie verbracht hat und weiß, dass man viele (vielleicht) erst wieder bei einer nächsten Veranstaltung sieht. Die nächste Präzi WM ist aber erst wieder in 2 Jahren….
Die Heimreise mit dem Auto am nächsten Tag war über die Schweiz (kürzer) geplant und verlief sehr entspannt. Mit Zwischenstopps bei Verwandten und Freunden haben wir die über 2000km in 3 Tagen hinter uns gebracht.
Fliegerisch steht für mich nun die Teilnahme an der österreichischen Staatsmeisterschaft in LOLK 30.08.-01.09.2019 am Programm
Alle Interessenten sind herzlich dazu eingeladen sich anzumelden und mit zu machen! Infos darüber und Hilfe gibts gerne bei mir z.B. auf facebook
Als nächsten internationalen Bewerb habe ich bereits im September die Teilnahme an der ANR WM in Portugal am Programm
….aber das ist eine andere Geschichte…… ;-)
Walter Dworschak
Geschrieben von: Wolfgang Gockert